Ferdinand Avenarius

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Ferdinand Avenarius

Der Lyriker Ferdinand Avenarius (* 20. Dezember 1856 in Berlin; † 22. September 1923 in Kampen/Sylt) war ein bedeutender Kulturreformer seiner Zeit. Als Vorstandsmitglied, Mitinitiator bzw. Gründer bedeutender Vereine wie dem Deutschen Werkbund, der Gartenstadt-Gesellschaft, dem Bund Heimatschutz und dem Dürerbund ist er als führender Dresdner Vertreter der Lebensreformbewegung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts anzusehen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Familie

Avenarius' Mutter Cäcilie Geyer

Avenarius entstammte einer künstlerisch geprägten Familie des Bildungsbürgertums. Sein Vater, Eduard Avenarius, war ein bekannter Buchhändler in Leipzig und hatte eine Tochterfirma des Brockhaus-Verlages gegründet, die er mehrere Jahre in Paris vertrat. Zu seinem Freundeskreis zählten Heinrich Heine und sein Schwager Richard Wagner. Avenarius' Mutter war eine Tochter des Hofschauspielers Ludwig Geyer, Stiefvater und möglicherweise sogar biologischer Vater von Richard Wagner. Ferdinands Bruder Richard Avenarius wurde ein bedeutender Philosoph. Der Maler und Grafiker Johannes Maximilian Avenarius war sein Neffe.

[Bearbeiten] Ausbildung

Ferdinand Avenarius ging zunächst in Berlin zur Schule und besuchte nach dem Umzug der Familie bis 1874 die Kreuzschule in Dresden. Die Familie Avenarius wohnte in Dresden Blochmannstraße 20.[1] In Leipzig und Zürich studierte er Medizin, Naturwissenschaften, Kunst- und Literaturgeschichte sowie Philosophie.

[Bearbeiten] Avenarius in Dresden

Grab von Ferdinand und Else Avenarius auf dem Friedhof von St. Severin in Keitum auf Sylt

Avenarius kam 1882 nach Dresden zurück und wohnte Stephanienstraße 1. Am 30. Juli 1894 heiratete er Elsbeth, geschiedene Frau von Paul Schumann und Tochter des deutsch-amerikanischen Schriftstellers Rudolf Doehn. Im selben Jahr hatte Avenarius Anteile seines Kunstwart-Verlags an Callwey in München verkauft. Offenbar damit im Zusammenhang ließen er und Schumann von Schilling & Graebner in der Wachwitzer Straße 3 eine Villa bauen, die zwischenzeitlich Avenariusvilla genannt wurde.[2] Der Sohn seiner Frau aus erster Ehe, Wolfgang Schumann, später ein bekannter Journalist und Schriftsteller, wuchs im Hause Avenarius auf und führte später das Erbe von Vater und Stiefvater fort. Die Wachwitzer Straße wurde Avenarius zu Ehren in Ferdinand-Avenarius-Straße umbenannt.

Am 1. Oktober 1902 gründete Avenarius mit Paul Schumann den Dürerbund. Der Dürerbund wurde rasch zum führenden Gebildetenverein im gesamten deutschsprachigen Raum. 1907 bemühte er sich vergeblich um den Lehrstuhl für Literatur- und Kunstgeschichte an der TH Dresden, auf den Oskar Walzel berufen wurde. 1910/1911 ließ Avenarius für den Dürerbund ein Vereinshaus in der Bahnhofstraße 24, spätere Heinrich-Schütz-Straße 2, erbauen, wo Avenarius wohnte und eine bekannte Bibliothek einrichtete. Auf das Dürerbundhaus wurde auch die Bezeichnung Avenariusvilla übertragen.[3] Zusammen mit Karl Schmidt arbeitete Avenarius am Deutschen Warenbuch, das die Dürerbund-Werkbund-Genossenschaft herausgab, um die Qualität von Erzeugnissen zu befördern.[4] Er war um 1895 zudem Mitglied im Literarischen Verein und ab 1902 der Litterarischen Gesellschaft.[5]

In den Schicksalsjahren des Ersten Weltkrieges wandte sich Avenarius zuerst gegen die deutsche Kriegspropaganda, später aber auch gegen die Friedensbedingungen der Sieger.

[Bearbeiten] Avenarius auf Sylt

Ab 1903 hielt sich Avenarius im Sommer vorwiegend auf Sylt auf. Er gilt nicht nur als Sylts Popularisierer, sondern er engagierte sich auch besonders für den Naturschutz und wurde Kampens erster Ehrenbürger. Sein Haus, die Villa Uhlenkamp, wurde vom Dresdner Dürerbund-Stipendiaten und Osmar Schindler-Schüler Karl Hanusch eingerichtet. Ihr Abriss 1968 erfolgte trotz Denkmalschutz und vieler Proteste.[6] Im Jahre 2009 wurde ein Park in Kampen nach Avenarius benannt. In der Würdigung hieß es: "Avenarius hat die Kampener zu Millionären gemacht", weil er Künstler aus ganz Deutschland nach Sylt gebracht habe, die wiederum ihre Mäzene mitbrachten.

[Bearbeiten] Wirken

Avenarius ist weniger durch eigene literarische Werke, sondern vor allem durch seine verlegerischen und kulturpolitischen Leistungen bekannt geworden. 1917 wurde Avenarius zum Professor ernannt. In Heidelberg erhielt er die Ehrendoktorwürde.

[Bearbeiten] Herausgeber und Popularisierer

Ferdinand Avenarius stand in der Tradition der Aufklärung und wollte die Ideale von Bildung und Kultur unter den Bedingungen der aufkommenden Industriegesellschaft einer breiten Bevölkerungsschicht nahe bringen. Am 5. Oktober 1887 gründete er unter maßgeblicher Beteiligung von Paul Schumann die Zeitschrift Der Kunstwart als Rundschau über alle Gebiete des Schönen. Er setzte dafür das finanzielle Erbe seines zwei Jahre zuvor verstorbenen Vaters, Eduard Avenarius, ein. Der Kunstwart erschien zunächst im Selbstverlag bzw. bei Kreiß und Kunath in Dresden, wurde jedoch an Callwey in München verkauft, nachdem die Verkaufszahlen sanken. Ab 1890 gab Avenarius - später ebenfalls mit Schumann - die Zeitschrift Das Kunstgewerbe heraus.[7] 1893 holte er Karl Söhle zum Kunstwart.

In seinen Drucken und Mappen popularisierte er deutsche Dichter und Maler. Sein Hausbuch deutscher Lyrik (1902) und sein Balladenbuch wurden in großer Auflage verkauft. Mit besonderer Verehrung erinnerte er an Albrecht Dürer. Große Verdienste erwarb er sich um die Förderung einer modernen Dresdner Malschule, wie sie sich z. B. aus der Künstlerkolonie Goppeln um Carl Bantzer herausbildete.

Viele Jahre hatten seine Schriften großen Einfluss auf das mittlere Bürgertum. Besonders Lehrer und Beamte gehörten zur Zielgruppe. Avenarius verstand sich selbst als Lehrer und das hieß für ihn, die Menschen vor allem Schädlichen oder wenig Wertvollen zu bewahren. Die Kampagne gegen Karl May war Ausdruck seiner Bemühungen gegen "Schund und Schmutz", wie Avenarius es sah. Er war gegen Autorennen und für die Freikörperkultur. In der Kinoreformbewegung des frühen 20. Jahrhunderts unterstützte er Hermann Häfker.

[Bearbeiten] Artikel im Kunstwart (Auswahl)

Bildung | Die Heine-Bewegung | Von der Freude am Kunstwerk | Rokoko | Das Schema in der Kunst | Die Redensart vom "Zwecke" der Kunst | Lustspiel und Posse | "Volkskunst" | Veredelt die Volksfeste! | Über das Illustriren | Eine grosse lyrische Form? | Staatliche und Hofkunst | Von allermodernster Kunst | Überschätzung der Kunst | Bildliche Ankündigungen | Jugend | Die Furcht vor der Farbe | "Papierne Poesie" | Ein Talent bricht sich Bahn? | Schriftsteller-Kammern | Vom Bilderbesehen | Neue Gedichtbücher | Vom freien geistigen Schaffen | Bettelheims Anzengruber-Biographie | Sprechsaal: unser Aufsatz über das Denunzieren | Kleinere Denkmäler | Vornehme Polemik | Variete | Tolstoi und die Kunst | Festschmuck für Städte | Verschönerungsvereine | Naturgenuss auf Reisen | Volks- und Gipfelkunst | Theodor Fontane | Die Kunst im Reichstage | Vom Nackten in der bildenden Kunst | Begeisterung und Kritik | Goethe | Sommerfrischen | Hans Thoma | Halbwelt | Heinrich Heine | Zehn Gebote zur Wohnungseinrichtung | Hoftheater und Staatstheater | Was kann der Goethebund thun? | Unsere Lyrik und Mörike | Können wir reisen? | Zu Friedrich Nietzsches Tod | Deutsch und französisch | Persönlichkeit und Buchhandel | Zu Böcklins Heimgang | Arbeiterkunst | Zum Dürer-Bunde! Ein Aufruf | Denkmäler | Zur Rede des Kaisers | Vom Schulmeistern

[Bearbeiten] Dichter und Schriftsteller

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Adressbuch der Stadt Dresden
  2. Bau einer Villa durch Schilling & Graebner
  3. Frank Fiedler: zur Geschichte des Dürerbundhauses
  4. Das Hellerauer Warenbuch
  5. Dirk Hempel: Literarische Vereine in Dresden: Kulturelle Praxis und politische Orientierung des Bürgertums im 19. Jahrhundert. Band 116 von Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Walter de Gruyter, 2008
  6. Eva Missler, Matthias Wieland. Sylt, Amrum, Föhr. Ausgabe 4, Baedeker. 2005.
  7. Das Kunstgewerbe, herausgegeben von Ferdinand Avenarius und Paul Schumann

[Bearbeiten] Weblinks

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