Rudolf Friedrichs

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Rudolf Friedrichs als sozialdemokratischer Stadtrat von Dresden, ca. 1930
Rudolf Friedrichs (2. v. links) mit seiner Abschlussklasse 1913 an der Kreuzschule

Dr. h.c. Rudolf Fürchtegott Friedrichs (* 9. März 1892 in Plauen; † 13. Juni 1947 in Dresden) war ein langjähriger Dresdner Stadtrat sowie nach 1945 Oberbürgermeister von Dresden und darauf bis zu seinem Tod Ministerpräsident des Landes Sachsen.

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Rudolf Friedrichs wurde 1892 in der Stadt Plauen im Vogtland als Sohn einer bürgerlichen, tief gläubigen, evangelisch-lutherischen Familie geboren. 1905, als er im Alter von 7 Jahren war, zog die Familie nach Dresden, wo sich sein Vater mit dem Handel von Brauereiartikeln selbstständig machte.

In Dresden besuchte Rudolf als Oberschüler die Dresdner Kreuzschule, wo er auch 1913 sein Abitur bestand. Zu dieser Zeit war Friedrichs auch ein aktiver Sportler, so zum Beispiel als Hürdenläufer und Hockeyspieler. Während er in den naturwissenschaftlichen Fächern meist nur ein „genügend“ auf dem Reifezeugnis erreichte, konnte er vor allem in Schulfächern wie Sprachen, Religion und Geschichte „gute“ und „sehr gute“ Ergebnisse erzielen.

Rudolf entschied sich nach der Schule für ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, das er im April 1913 an der Universität Leipzig begann. Als Ende Juli 1914 der Erste Weltkrieg begann, unterbrach Friedrichs sein Studium und meldete sich als Kriegsfreiwilliger beim deutschen Heer. Im Verlaufe des Krieges wurde er als Soldat sowohl an der Westfront als auch später an der Ostfront – dort u.a. im Mai 1917 in Moszczona bei Brest-Litowsk - eingesetzt. Mehrfach verwundet, konnte er nach dem Ende des Krieges ab Herbst 1918 sein Studium der Rechtswissenschaften fortsetzen, dass er 1920 mit dem ersten juristischen Staatsexamen und der mündlichen Doktorprüfung abschloss.

Die nächsten drei Jahre bis 1923 war Friedrichs zuerst im Amtsgericht Freital und später im Landgericht Dresden eingesetzt. Die erst 1921 durch die Vereinigung der Gemeinden Deuben, Döhlen und Potschappel gebildete Industriestadt Freital im Südwesten von Dresden muss für die weitere Entwicklung Friedrichs entscheidend gewesen sein, da in diese Zeit auch sein Eintritt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) fällt. Das „rote“ Freital war zu jener Zeit eine Hochburg der Sozialdemokratie, begünstigt durch die anfangs oft schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter in zahlreichen Industriebetrieben im Südwesten von Dresden. 1922 tritt Friedrichs der SPD bei und ist einerseits einer der wenigen studierten Juristen in dieser Partei, andererseits auch einer der wenigen Bürgerlichen, die sich der Sozialdemokratie zuwandten.

1923 legte Rudolf Friedrichs noch sein zweites juristisches Staatsexamen ab und machte fortan schnell Karriere. Im Mai desgleichen Jahres wurde Friedrichs in die innere Verwaltung Sachsens nach Dresden versetzt, wenige Wochen danach wurde er Mitarbeiter der II. Abteilung des sächsischen Innenministeriums unter dem Ressortchef Hermann Liebmann, der ebenfalls SPD-Mitglied war. Sachsen wurde zu dieser Zeit von einer linksgerichteten SPD-KPD-Regierung geführt. Als Jurist erarbeitete er im Auftrag Liebmanns Denkschriften zur Zusammenarbeit von rechtsgerichteten, reaktionären und teilweise illegalen Organisationen mit der Reichswehr. Während der sogenannten „Reichsexekution“ im Oktober 1923 verhaftete man Friedrichs zusammen mit Regierungsmitgliedern und enthob ihn seiner Stellung im Innenministerium. Allerdings musste die Anklage gegen ihn fallen gelassen werden, da er sich nicht strafbar gemacht hatte.

Weitere Stationen waren nach der Einsetzung einer sächsischen Minderheitsregierung in Sachsen Einsätze als Jurist in Nord- und Südwestsachsen. 1926 beorderte man ihn zurück nach Dresden und berief ihn zum Regierungsrat in der Amtshauptmannschaft Dresden. 1927, im Jahr darauf wurde Friedrichs erstmals Abgeordneter im Stadtrat. Diese – übrigens ehrenamtliche – Funktion übte er im Auftrag der Stadtverordnetenfraktion der SPD bis zur Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 aus. Seit 1930 gehörte Friedrichs auch der sächsischen Gemeindekammer an. Als Kommunalpolitiker trat er vor allem für das uneingeschränkte Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände zur Selbstbestimmung ein. Belege dafür sind seine Reden auf Versammlungen der SPD und in den nahestehenden Jugendverbänden sowie seine in der „Sächsischen Gemeindezeitung“ und in der „Dresdner Volkszeitung“ erschienenen Artikel.

Als die NSDAP unter Hitler im März 1933 die letzten Reichstagswahlen gewann, traf dies auch den Sozialdemokrat Friedrichs. Einen Monat nach der letzten Wahl nach dem Recht der Weimarer Republik, im April 1933 verhaftete man ihn. Er kam für mehrere Wochen ins Gefängnis in der Mathildenstraße in Dresden. Er musste sein Stadtratsmandat niederlegen, wurde anschließend unter Polizeiaufsicht gestellt und von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegt. Im August 1933 wurde ihm der Posten und Titel des Regierungsrats aberkannt. Die entsprechende Urkunde unterschrieb der Gauleiter von Sachsen, Martin Mutschmann (1879-1847) persönlich.

Rudolf Friedrichs als Oberbürgermeister von Dresden im Mai 1945

Zusammen mit Freunden gründete Friedrichs Ende 1933 ein Lebensmittelgeschäft, das auf den Namen seiner Frau angemeldet war. Zu seinen Kunden zählten nicht nur ehemalige sozialdemokratische Gesinnungsgenossen, sondern auch Kommunisten, was sicher für seinen weiteren Lebensweg nach dem Krieg mit entscheidend war. 1938 musste das Geschäft aufgegeben werden, da von der Hitlerregierung die Kontingentierung von Lebensmitteln eingeführt wurde. Friedrichs zog sich noch mehr ins Privatleben zurück und arbeitete nach Gelegenheit als juristischer Berater von verschiedenen Dresdner Firmen. Zur Wehrmacht wurde Friedrichs wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ nicht eingezogen. Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 entging Friedrichs einer erneuten Verhaftung und Internierung nach Aussagen des politischen Weggefährten Clemens Dölitzsch nur knapp. Gegen Ende des Krieges wurde er im Februar 1945 noch als Volkssturmmann ausgebildet, kam aber nicht mehr zum Einsatz.

Nach der Befreiung Dresdens am 8. Mai 1945 suchte die Rote Armee einen nichtkommunistischen Repräsentanten als neuen Oberbürgermeister, so dass die Wahl bereits zwei Tage später auf Friedrichs fiel. Am 10. Mai wurde er vom sowjetischen Stadtkommandanten zum Oberbürgermeister von Dresden ernannt und beauftragt, eine städtische Selbstverwaltung aufzubauen. Zu dieser Zeit wohnte er Winterbergstraße 86e , I. Stock[1]. Von Anfang Mai bis Ende Juni 1945 war er somit der erste Dresdner Oberbürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg, bevor er am 1. Juli desgleichen Jahres von der sowjetischen Militäradministration in das Amt des ersten Präsidenten der Landesverwaltung Sachsens berufen wurde. Am 18. Juli 1945 hielt Friedrichs seine Eröffnungsrede, auf der klar wurde, dass er wirtschaftspolitisch einen Mittelweg einschlug.

Rudolf Friedrichs als Abgeordneter auf dem 1. Landesparteitag der SPD in Freital im Oktober 1945

Zwar haben Friedrichs einerseits die Erfahrungen aus der Weimarer Republik als auch seine persönlichen Erkenntnisse bewogen, die Einheit der zwei großen Arbeiterparteien, der SPD und der KPD zu unterstützen. Durch diesen Standpunkt wurde er seinerzeit von vielen, vor allem westlichen Genossen seiner sozialdemokratischen Partei kritisch beurteilt, die in ihm einen fügsamen Vollstrecker der Sowjets sahen. Andererseits vertrat er die Auffassung, dass auf wirtschaftlichem Gebiet eine größere Liberalisierung und Individualisierung notwendig war. Er unterstützte die Zerschlagung der Groß- und Monopolindustrie, trat aber für eine sächsische Wirtschaftsstruktur aus mittelständigen und Kleinbetrieben ein. Das brachte Friedrichs zunehmend in Konflikt mit seinem Stellvertreter, dem 1. Vizepräsidenten und Minister für Inneres, Personal und Volksbildung, Dr. Kurt Fischer, einem SED-Funktionär aus dem kommunistischen Flügel.

Im Oktober 1945 nahm Rudolf Friedrichs als Delegierter auf dem 1. Landesparteitag der sächsischen SPD nach dem Zweiten Weltkrieg in Freital teil. Im April 1946 wurde er Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), die jedoch bei den Landtagswahlen am 20. Oktober 1946 nicht die erhoffte absolute Mehrheit erringen konnte. Er bildete daraufhin im Dezember 1946 ein Kabinett aus allen demokratischen Parteien, wurde im sächsischen Landtag einstimmig zum neuen Ministerpräsidenten gewählt und somit auch offiziell als oberster Landesherr Sachsens rechtlich legitimiert. Noch im gleichen Jahr wurde die sächsische Verfassung verabschiedet, zu der Friedrichs zusammen mit dem ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten und Leipziger Oberbürgermeister nach 1945, Erich Zeigner den Grundrechtskatalog beisteuerte.

Anfang Mai 1947 lud der bayrische Ministerpräsident Hans Ehard (1887-1980) zu einer gesamtdeutschen Konferenz aller Ministerpräsidenten nach München ein, an der auch Friedrichs als Verhandlungsführer der Ost-Ministerpräsidenten teilnahm. Friedrichs Wunsch war es, die Chance zur deutschen Einheit „mit beiden Händen zu ergreifen“. Er war ein „Befürworter einer bedingungslosen Teilnahme an der Münchner Beratung“, was ihn von der eigentlichen, offiziellen Linie der SED abweichen ließ, die an das Treffen in der bayrischen Landeshauptstadt eine Reihe von Vorbedingungen knüpfte. Seinen Standpunkt zu der Münchner Konferenz konnte er Ehard bei einem vorbereitenden Treffen in der Stadt Hof noch mitteilen. Friedrichs hatte der sowjetischen Militäradministration sowie dem kommunistischen Flügel der SED sogar mit Rücktritt gedroht, sollte die offizielle sowjetische und ostdeutsche Position die Teilnahme an der Münchner Konferenz platzen lassen.

Zur Konferenz selbst konnte Friedrichs nicht mehr fahren. Vier Tage vor der Konferenz, am 2. Juni 1947, noch zu Hause in Dresden erlitt er massive Herzstörungen, von denen er sich nicht mehr erholte. Statt Friedrichs fuhr sein Stellvertreter, Dr. Kurt Fischer zum Treffen nach München, das letztlich – wie fast schon erwartet – aufgrund der unterschiedlichen Standpunkte der ost- und westdeutschen Seite scheiterte.

Elf Tage nach seinem ersten Herzinfarkt, im Alter von nur 55 Jahren, starb Dr. h.c. Rudolf Friedrichs – vor allem für viele Einwohner seiner Wahlheimat – überraschend am 13. Juni 1947 in Dresden. Im Rahmen der Trauerfeierlichkeiten wurde sein Leichnam am 19. Juni im Hygienemuseum aufgebahrt, so dass Tausende Dresdner von ihm Abschied nehmen konnten. Friedrichs wurde erst auf dem Waldfriedhof Weißer Hirsch beigesetzt. Später wurde seine Urne in den Ehrenhain auf dem Städtischen Heidefriedhof überführt.

Spekulationen nach einem gewaltsamen Tod wurden nochmals nach der politischen Wende von 1997 bis 1998 vom Hannah-Arendt-Institut im Auftrag des Freistaates Sachsen untersucht, konnten aber nicht bestätigt werden. Wahrscheinlich starb er tatsächlich aufgrund seiner unermüdlichen und rastlosen Arbeit beim Neuaufbau nach dem Krieg, als sich Friedrichs keine Pause gönnte.

[Bearbeiten] Familie

Rudolf Friedrichs heiratete 1927 seine Verlobte Linda Kunze. Das Paar hatte einen Sohn, der sich später, zu DDR-Zeiten, deutlich von dem religiösen Glauben seines Vaters distanzierte.

[Bearbeiten] Ehrungen

1946 wurde Friedrichs die Ehrenbürgerschaft der Stadt Dresden verliehen. Ein Jahr darauf verlieh die Friedrich-Schiller-Universität Jena ihm die Ehrendoktorwürde. Ebenfalls 1947 erhielt er dann auch die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Plauen.

Seit 1947 trug das ehemalige Königsufer und seit 1971 die 1945 zerstörte und neu erbaute Carolabrücke den Namen Dr. h.c. Rudolf Friedrichs. Die Rückbenennung sowohl des Ufers als auch der Brücke beschloss die Stadtverwaltung Dresden nach der politischen Wende am 17. Oktober 1991. In Radebeul und Radeberg existiert je eine Dr.-Rudolf-Friedrichs-Straße. In Zwickau ist der Stadtring nach ihm Dr.-Friedrichs-Ring benannt.

[Bearbeiten] Quellen

  1. Adressbuch der Gau- und Landeshauptstadt Dresden, 1943/44

[Bearbeiten] Weblinks

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