Volkslichtspiele

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Schulkomplex Bünaustraße 12
Die Löbtauer Volkslichtspiele befanden sich in der Turnhalle. Durch die große Eingangstür ging's hinein, die Leinwand hing an der Westseite der Halle, hier links im Bild.

Die Volkslichtspiele Löbtau mit der Adresse Bünaustraße (zu DDR-Zeiten Otto-Franke Straße) 12 bestanden von 1949[1] bis 1971[2]. Das Kino befand sich in der Turnhalle des 1911/12 errichteten[3] und damals als Berufsschule genutzten Schulkomplexes im Hinterhof der katholischen Kirche St. Antonius. Nach der Wende war in dem Gebäude das Berufliche Schulzentrum für Wirtschaft III untergebracht, seit August 2010 lernen dort die Schüler der 35. Grundschule.

Da gegen Ende des Zweiten Weltkrieges alle drei Lichtspielhäuser in Löbtau zerstört und dadurch die kulturellen Angebote in diesem bevölkerungsreichen Stadtteil sehr eingeschränkt waren, richtete man die eher provisorischen Volkslichtspiele in einer Turnhalle ein.[4] Als Eröffnungsfilm am 9. Juli 1949 lief "Begegnung an der Elbe", "ein mit unerhörter Spannung geladener" Film über das Zusammentreffen sowjetischer und amerikanischer Soldaten 1945.[5]

Laut einer damals in Löbtau wohnenden Kinobesucherin war das Filmtheater mit etwa 100-120 Plätzen recht klein und verfügte nicht über eine Steigung im Zuschauerraum. In den ersten Jahren fanden in den Volkslichtspielen einige Dresdner Erstaufführungen von Filmen statt, weil das Filmtheater neu eröffnet war.[6] Mit den sich verändernden technischen Standards und Erwartungen der Besucher konnte das Kino jedoch nicht mithalten. Dadurch verlor es spätestens ab den 60er Jahren stark an Besuchern und rutschte in der "Kopienverteil-Liste" der Bezirksfilmdirektion Dresden nach unten: Da zu DDR-Zeiten von jedem Film nur wenige Kopien existierten und natürlich die großen Lichtspielhäuser wie die Schauburg zuerst bedient wurden, kamen die Filme nun oft mit wochenlanger Verspätung auf die kleine Leinwand der Volkslichtspiele. Wer neue Filme in angenehmerem Ambiente sehen wollte, wich in die Filmbühne Wölfnitz oder die übrigen größeren Kinos aus. Das Publikum der Volkslichtspiele bestand hauptsächlich aus LöbtauerInnen, Gäste aus anderen Stadtteilen dürften kaum darunter gewesen sein. Trotz der geringen Platzanzahl gab es im Löbtauer Kino gestaffelte Eintrittspreise, die ersten Reihen etwa waren billiger.[7]

Als Vorführer arbeitete bis zu seinem Tod 1960 unter anderem ein Bruder Willy Schulzes. Schulze hatte bis zum Bombardement 1945 bzw. bis zur Enteignung der Dresdner Kinos etliche Filmtheater besessen, etwa die Li-Mu, das Saxonia oder die Filmbühne Wölfnitz.[8]

Ab 9. Juli 1971 blieben die Volkslichtspiele "aus betriebstechnischen Gründen" geschlossen. Bereits in den Monaten zuvor hatte das Kino nur noch an Wochentagen geöffnet.[9] Ende Juli meldete sich Herr Barthel, Stadtrat für Kultur im Stadtbezirk West, in der Lokalpresse zu Wort: Nach einer Einwohnerversammlung und Diskussionen im Rat des Stadtbezirkes West sei beschlossen worden, dass "das Filmtheater in der Otto-Franke-Straße [...] wieder seinem ursprünglichen Zweck als Turnhalle dienen" solle. Als Gründe wurden genannt: "Die Rentabilität dieses Filmtheaters weist seit Jahren eine rückläufige Tendenz aus. Der Auslastungsgrad ist von 1968 mit 24,5 Prozent auf 13,9 Prozent im Jahre 1970 zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 1971 weist er gar nur noch 2,7 Prozent aus. Das bedeutet für diese sechs Monate ein Defizit von 51 000 Mark. Hinzu kommt, daß die Volkslichtspiele in der Otto-Franke-Straße nicht mehr den Anforderungen eines modernen Filmtheaters entsprechen, weil nur Filme in Normalfassung[10] gezeigt werden können. Eine Rekonstruktion aber käme einem Neubau gleich." Die "filmpolitische Betreuung der Bevölkerung" solle durch die Filmbühne Wölfnitz und monatliche Filmvorführungen in der Berufsschule garantiert werden. Den Rückbau zur Turnhalle übernahm die Gaststätten- und Hotelorganisation Dresden in Eigenleistung, so dass "der Sportunterricht für 32 Klassen der BBS [=Berufsschule] und der Medizinischen Fachschule ab September 1971 durchgeführt werden kann".[11]

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Quellen

  1. Die Union, 9.7.1949.
  2. Wochenfilmprogramme in der Sächsischen Zeitung 1971/72. Carola Zeh hingegen gibt 1951 als Eröffnungs- und 1972 als Schließungsjahr an. Carola Zeh: Lichtspieltheater in Sachsen. Hamburg 2007. S. 199.
  3. Seit ihrer Eröffnung 1912 bis zur Schließung und Enteignung durch die Nazis 1938 beherbergte das Gebäude die 3. Katholische Volksschule. http://www.st-antonius-dresden.de/unsere-kirche/geschichte
  4. Friedrich Reichert: Löbtau - größter Vorort und eines der Zentren nach 1945. In: Stadtmuseum Dresden (Hrsg.): Dresdner Geschichtsbuch, Band 13. Dresden 2008. S. 126.
  5. Die Union, 9.7.1949.
  6. Die Union, Kinoprogramme 2. Halbjahr 1949.
  7. Informationen von Frau Lommatzsch, Mitarbeiterin des Pfarrbüros St. Antonius, 5.4.2011.
  8. Erzählung von Frau Kieschnick, Jg. 1945, auf dem 7. Dresdner Geschichtsmarkt, 27.3.2011. Ihr Opa war der erwähnte Bruder von Willy Schulze.
  9. Wochenfilmprogramme, Sächsische Zeitung Januar bis August 1971.
  10. Gemeint ist das Normalformat mit einem Höhe-Breite-Verhältnis des Filmbildes von 1:1,33 bzw. 1:1,37. Seit den 60er Jahren wurden Filme hauptsächlich im Format 1:1,66 produziert, und später (bis heute) fast ausschließlich mit einem Seitenverhältnis von 1:1,85 (Breitwandformat) und 1:2,35 (Cinemascope).
  11. Kino wird wieder Turnhalle. In: Sächsische Zeitung, 27.7.1971

[Bearbeiten] Weblinks

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